Ich bin Anika, 41 Jahre jung und lebe im wunderschönen Rostock. Die Hingabe und Leidenschaft für mein Herzensthema der „Emotionalen Kompetenz“ erwuchsen zum einen durch meine persönlichen Kindheitserfahrungen, die mich, durch die Auseinandersetzung mit meiner Biografie in Form eines Buches, ins intensive Nachdenken über Wege der optimalen Begleitung von kindlichen Emotionen haben kommen lassen. Zum anderen haben mir meine vierzehn Jahre Berufserfahrungen in der pädagogischen Praxis einen umfangreichen Blick in die emotionalen Bedürfnislagen der Familien verschafft.
Durch meine zusätzlichen Erfahrungen in der ehrenamtlichen Sterbebegleitung habe ich erkannt, dass sich der emotionale Kreislauf am Ende des Lebens immer wieder schließt. Spätestens dann kommen die Menschen noch einmal in ihre Lebendigkeit und spüren alle Emotionen des Lebens. Es ist nur so bedauerlich, dass der Weg dazwischen oft von unangenehmen Strategien überlagert wurde und uns selbst hinderlich war, um in unsere eigene Fülle zu kommen. Zudem führen diese erlernten Umgangsweisen dazu, dass unsere eigenen Kinder wiederum ungünstige Emotionsregulationsstrategien verinnerlichen können, die sehr tiefgreifende Konsequenzen im Leben haben können.
Wir müssen wieder beginnen, wahrhaftig und tief zu fühlen. Unsere Emotionen sind der natürliche Kompass unseres Herzens, der uns immer wieder zurück zu unserer inneren Harmonie führt. Nur durch einen konstruktiven Umgang mit unseren Gefühlen sind wir in der Lage, gestärkt aus den kleinen und großen Stürmen des Lebens hervorgehen zu können. Meine Angebote für Kinder, Eltern und Fachkräfte stärken ganzheitlich die emotionale Kompetenz. Ich begleite Menschen in emotional herausfordernden Lebenssituationen. Mit meiner Arbeit sensibilisiere ich, rufe in Erinnerung, lade zum Hinterfragen ein und eröffne neue Perspektiven. Aber vor allem überdenke ich die Haltung zu Emotionen. Für uns und unsere Kinder!
Und warum das Thema Sterben, Tod und Trauer? Ich war damals 16 Jahre alt, als mein Onkel durch einen tragischen Unfall mit Ende 30 aus dem Leben gerissen wurde. Von diesem Tag an änderte sich alles in meinem Leben. Die große Fassungslosigkeit und die Trauer in der Familie waren kaum auszuhalten für mich als Jugendliche. Meine Oma war für mich bis zu diesem Tag immer eine ganz präsente Großmutter, die fast täglich bei uns war und immer für meine Schwester und mich mit bedingungsloser Liebe da war. Meine Oma verlor ganz plötzlich ihren Sohn und ich konnte sie damals nicht mehr davon überzeugen, dass die anderen Familienmitglieder ihr nur helfen und sie nicht auch noch verlieren wollten. Über Jahre habe ich täglich Briefe an meine Oma geschrieben. Ich wollte sie retten, scheiterte jedoch kläglich, da sie in schwerste Depressionen verfiel und mir als Jugendliche dann bei jedem Treffen von ihren Suizidgedanken erzählte. Ich war mir sicher, dass ich nichts mehr wert war in ihren Augen, denn es war gleichgültig, ob es mich oder ein anderes Familienmitglied noch gab. Ihre zwei Lebenspartner verließen sie nach einer gewissen Zeit und wenn ich heute auf meine schwerst demente und zerbrechliche Oma schaue, dann macht es mich tieftraurig, dass sie aus ihrem Leben nichts machte, sondern von Tag X an in ihrer Trauer versank und alle nur zuschauen konnten. Auch bemerkte ich, was es mit meinem Papa, also ihrem zweiten Sohn, machte. Meine Oma fragte meinen Papa irgendwann mal, ob er tatsächlich eifersüchtig auf einen Toten wäre. Das gesamte Familiensystem wurde also erschüttert. Der einzige Sinn im Leben meiner Oma bestand in den täglichen von morgens bis zum Nachmittag stattfindenden Friedhofsbesuchen bei meinem Onkel und der Pflege des bereits reservierten Grabes neben ihm für sich selbst- über 20 Jahre lang.
Was jedoch auch ganz schwer auszuhalten war für mich, war das Schweigen bezüglich des Todes meines Onkels. Meine Schwester und ich wurden komplett allein gelassen mit all unseren Fragen im Kopf. Nur die Nachrichten im Radio, die mir in Dauerschleife an diesem Tag immer wieder vor Augen führten, dass das wirklich gerade passiert ist. Als dann zwei Jahre später mein Opa ebenso plötzlich aus dem Leben gerissen wurde und wir als Familie erneut diese Ohnmacht spüren mussten, begann ich meine Antworten auf das Sterben, den Tod und das Trauern selbst für mich zu finden, indem ich seit diesem Zeitpunkt Menschen in der letzten Lebensphase begleite. Da mir durch meinen beruflichen Kontext in der pädagogischen Praxis dabei immer wieder auffiel, dass besonders Kinder nicht einfühlsam durch diesen großen Veränderungsprozess innerhalb der Familie begleitet werden, lenkte ich meinen Fokus während meines Studiums sowie meiner Ausbildungen auf Kinder mit Verlusterfahrungen. Es ist mir ein Herzensanliegen einen Teil zu einer bewussteren Abschieds- und Trauerkultur beitragen zu können und einen natürlichen Umgang mit dem Kreislauf des Lebens in unser aller Leben zu transportieren. Das Bewusstwerden der eigenen Endlichkeit kann dabei eine wertvolle Stütze sein, wenn es um ein sinnerfülltes Leben geht. Besonders im Hinblick auf unsere alltägliche Haltung, wenn wir morgens aufstehen: Es ist kein weiterer Tag, sondern ein Tag weniger in unserer spannenden und einzigartigen Lebensreise. Was wollen wir heute daraus machen? An was sollen sich unsere eigenen Kinder irgendwann erinnern?
Herzlichst, Anika.